5.18 UTC — Ein kleiner Kopf, das ist eine Tatsache. Und Augen ja, aber im Grunde nicht unverzichtbar. Kaum Beine, kaum Arme, das Wesen ruht in einer Schale, die über einen Abfluss verfügen sollte, weil sein Körper von Wasser umspült wird, weil das Wesen Nahrung zu sich nimmt, gefüttert wird, manchmal mit einem Löffel, üblicherweise mittels einer Sonde. Das Wesen ist menschlicher Natur, ein reduzierter menschlicher Körper, der über kaum nennenswertes Gehirn verfügt. Es handelt sich um einen Basisherzkörper, um ein Herzwesen. Sobald erwachsen geworden, es wird sehr schnell erwachsen, kann das fertiggestellte Herz von seinem kleinen Kopf befreit werden. Nun wird man das frische Herz aus der Schale nehmen und transplantieren, zum Beispiel, um ein krankes Herz zu ersetzen. Zurück in der Schale verbleiben ein kleiner Kopf und ein kleiner Bauch. Die Augen des kleinen Kopfes sind geschlossen. Sobald man sich nähert, möchte man meinen, das Wesen würde nur schlafen.
18.55 UTC — Ich glaubte lange Zeit, ein Mensch, der über sechzehn Ohrenpaare verfügte, müsste gleichwohl über einen sehr guten Gehörsinn gebieten. Nun ist das aber so, dass jene Ohren, die auf den Oberarmen Jossi Kaukinens zu bewundern sind, über keinerlei Gehörgang gebieten, auch nicht über Trommelfelle oder Gehörknöchelchen oder Ohrtrompeten. Diese Ohren, die ich mit eigenen Augen gesehen haben will in einem Sommer, da ich nach Finnland reiste, um Herrn Kaukinen und seine Ohren zu besuchen, sind lediglich Muscheln menschlicher Ohren, Schallkörper, die Kaukinen zu züchten vermag, weil er weiß wie das geht. Er lebt von seiner speziellen Fähigkeit, in begrenztem Maße frische menschliche Ohren gekühlt ausliefern zu können. Kaum hat sich ein Ohr auf Reise begeben, sie fliegen meist mit einem Helikopter davon, wächst schon ein nächstes Ohr heran, eine Knospe bildet sich binnen weniger Stunden an genau jener Stelle, da zuvor ein ausgewachsenes Ohr entfernt worden war. Diese Knospe wird zunächst nur mittels einer Mikroskopie sichtbar, aber schon drei Tage später kann man erahnen, dass ein weiteres Ohr heranwachsen wird, das sorgfältig gepflegt werden wird. Herr Kaukinen schläft im Sitzen. Er sitzt also in seinem Bett von Gurten in Position gehalten und sieht sehr seltsam aus im Zwielicht, als würden Blüten von Fleisch sich auf seinen Schultern niedergelassen haben. Klingelt der Wecker sehr früh, wird es ernst. Kaukinens Frau nähert sich dann mit etwas Watte und weiteren Werkzeugen. — stop
2.02 UTC — An einem nebligen Abend fuhr ich mit einem Fährschiff nach Staten Island. Ich ging eine Stunde spazieren, kaufte etwas Brot und Käse, dann wartete ich in der zentralen Halle des Saint George Ferry Terminals auf das nächste Schiff nach Manhattan zurück. Einige Kinder spielten vor einem mächtigen Aquarium, sie tollten um den Glasbehälter herum. Plötzlich blieb eines der Kinder stehen, aufgeregt deutete es zum Aquarium hin. Weitere Kinder näherten sich. Sie schienen begeistert zu sein. Ich schlenderte zu ihnen hinüber, stellte mich neben sie. Da war etwas Erstaunliches zu sehen, da waren nämlich Elefanten im glasklaren Wasser, sie wanderten auf dem sandigen Boden des Aquariums in einer Reihe von Westen nach Osten. Ihre meterlangen Rüssel hatten sie zur Wasseroberfläche hin ausgestreckt, suchten in der Seeluft herum und berührten einander in einer äußerst zärtlichen Art und Weise. Ein faszinierendes Geräusch war zu hören, sobald ich eines meiner Ohren an das handwarme Glas des Wassergeheges legte. Auch Geräusche, wie ich sie von Mikrofonen kenne, die Walgesänge nahe Grönland aufgezeichnet hatten. Wie ich zur Oberfläche des Wassers hin blickte, entdeckte ich zwei Wale, die durch das Wasser schwebten, sie waren je groß wie eine Faust und stießen etwas Luft aus von Zeit zu Zeit, wie man das von wilden Walen kennt, die so groß sind, dass wir über sie staunen. Manchmal tauchten die kleinen Wale zu den Elefantentieren hin, behutsam näherten sie sich und schauten sich interessiert unter den Wandernden um, man schien sich natürlich zu kennen. — Ich konnte nicht schlafen. Noch in derselben Nacht fuhr ich nach Manhattan zurück. Ich machte einen Textentwurf für eine Zeitung, obwohl ich noch keine wirkliche Ahnung hatte, wie von den Zwergwalen zu erzählen sei. Ich notierte: Man möchte vielleicht meinen, bei der Gattung der Zwergwale handele es sich um Wale, die dem Wortlaut nach kleiner sind, als ihre doch sehr großen Verwandten, Pottwale oder Grönlandwale, sagen wir, oder Blauwale. Nun sind sie bei genauerer Betrachtung wirklich sehr klein, nur 8 cm in der Länge. Als man sie in einer künstlich erzeugten Gebärmutter, ebenfalls sehr klein, heranwachsen ließ, glaubte im Grunde niemand, dass sie lebend zur Welt kommen würden. Plötzlich waren sie da, und verschwanden zunächst in einem Aquarium, das für sehr viel größere Fischwesen angelegt worden war. Nun waren die Wale zu klein, sie verloren sich in den Weiten des Beckens. Man legte zierliche Behälter an, versorgte sie mit Meereswasser, kühlte die Gewässer, sorgte für Wind und Wellen, selbst an Eisberge wurde gedacht, Eis von der Höhe eines menschlichen Fingers, die dort in der künstlichen Naturumgebung einfach so vom Himmel fielen. Jetzt konnte man sie sehr gut sehen, aus der Nähe betrachten. Es waren zunächst drei Wale, sie existierten zwei Jahre, ehe man über eine Ausstellung, demzufolge über ihre Veröffentlichung diskutierte. Bislang hatte man gesagt: Wir dementieren und wir bestätigen nicht. Soviel sei bemerkt: Diese sehr kleinen Wale ernähren sich von Plankton, sie lieben Meerwalnüsse, sie tauchen oft stundenlang. Auch wurden Sprünge beobachtet, aber nur selten und nur bei Nachtlicht. Derzeit leben noch zwei kleine Wale, der dritte wurde zwecks Erforschung geöffnet.
18.05 UTC — Diese Wiese ist keine wilde Wiese, sie ist eine gestaltete Wiese, Gräser und Blumen der Wiese sind von menschlicher Vorstellungskraft, Licht fangende Halme, sowie Blüten, die in sich Rechenkerne tragen. Man kann diese Wiese besuchen, sie soll recht hoch auf dem kleinen Ahornboden über Hinterriß zu finden sein. Diese Wiese, von der ich erzähle, ist eine Wiese, in welcher Gänseblümchen blühen, auch seltsamerweise im Winter, bei Frost, gleichwohl nach Tagen von Hitze und Dürre. Wenn man sich in die Wiese legt, um zu schlafen, wird man sich wohlfühlen. Und wenn man sich dann wieder erhebt, erheben sich auch die Halme und Blüten, die man niederdrückte, weil man sich mit dem eigenen Gewicht dort hin ablegte. Sie ist also sehr gut gemacht. Würde man in der Wiese einmal liegend Platz genommen haben, könnte man Ameisen beobachten, die seltsame Dinge tun, und Libellen, die seltsame Flugbewegungen vollziehen, auch Marienkäfer, die in Schlangenformationen spazieren, als wären sie Elefanten. Ich hatte zunächst gedacht, es handele sich bei diesen Geschöpfen, um gestaltete Wesen, dass sie künstlich seien. Aber dann nahm ich je einen Marienkäfer und eine Ameise mit zu mir nach Hause, öffnete und betrachtete sie unter einem Mikroskop. Ich bemerkte, die Tiere waren feucht und sie hörten sofort auf zu leben. Sie waren genauso gestaltet, wie in Büchern beschrieben, weshalb ich davon ausgehe, dass sie von den Blüten und Halmen im Wesentlichen beeinflusst wurden oder kommandiert von der Wiese insgesamt, die keine wilde Wiese ist, sie ist eine gestaltete Wiese, wie ich bereits sagte, Licht fangende Halme, Blüten, die in sich Rechenkerne tragen. Heute ist Montag oder Dienstag oder Samstag. — stop
Zu einer Zeit da ich in meiner Vorstellung noch mit lebenden Papiertierchen nach New York reiste, waren jene Textbögen, die sie formierten, schwarz und weiß gewesen. Eine faszinierende Überlegung, ein Cluster möglicher Gedanken, Papiertierchen, nicht etwa Tierchen, die aus Papier gemacht sind oder vergleichbare Ware, sondern tatsächliche Lebewesen, die so ausgedacht sind, dass sie sich zu Formen versammeln, die einer Papierseite ähnlich sind. Weil jene Lebewesen, wie ich sie mir bei dieser Gelegenheit wieder einmal vorstelle, sehr klein sein sollten, sagen wir in der Fläche so groß wie die Spitze einer Nadel, würde ein Maschinenpapierbogen von nicht weniger als zwei Millionen Individuen nachzubilden sein. Man stelle sich das folgendermaßen vor: Jedes Papiertierchen, sichtbar im Licht eines sehr guten Mikroskops, wird von dem Wunsch beseelt, sich mit jeweils vier weiteren Tierchen, die es schon immer kennt, zu verbinden, und zwar nur mit diesen, sodass man von einer eindeutigen Ordnung sprechen könnte, nicht von einer beliebigen Anordnung. Ja, jedes der kleinen Wesen für sich ist einem ureigenen Ort verbunden, den es niemals vergessen wird. Sobald alle Tiere einer Papiergemeinschaft schön zu einer Seite versammelt sind, werden mit Licht, mit einem Lichtstift genauer, Zeichen gesetzt auf das lebende Papier, indem man leichter Hand wie mit einem Füller schreibend Wörter oder Sätze notiert. Wird ein schneeweißes Tierchen vom schreibenden Licht eines Stiftes berührt, nimmt es sogleich und solange Zeit die schwarze Farbe an, bis es von weiteren Lichtimpulsen berührt werden wird. Das Licht natürlich muss sehr stark sein, weil doch das Licht der Sonne oder jeder Lampe sich sofort in die Landschaft der filigranen Körper einschreiben würde. Ich hatte, während ich diesem Gedanken noch auf einer gewöhnlichen Computerschreibmaschine schreibend folgte, die Idee, dass sie vielleicht allesamt sehr schreckhaft sein könnten, also zunächst unvollkommen oder wild, dass sie, zum Beispiel, wenn ein Feuerwehrauto in ihrer Nähe vorüber kommen sollte, sofort auseinander fliegen würden in Panik, sich verstecken, um bald jedes für sich oder in größeren Gruppen an den Wänden meiner Zimmer zu sitzen. Vielleicht lungern sie auch auf Kaffeetassen herum oder in den Haarblättern eines Elefantenfußbaumes, ja, das ist sehr gut denkbar. Ich würde dann warten, ruhig und gelassen warten, bis sie sich wieder beruhigt haben werden und zurückkommen, sagen wir nach einer Stunde oder zwei. Dann weiter schreiben oder lesen oder denken.
Folgendes: Trompetenkäfer reisen gern in Zigarrenschachteln herum. Sobald Dunkelheit herrscht, sagen wir Dämmerung, etwas Licht ist immer irgendwo in einer Zigarrenschachtel zu finden, werden sie starr und still. Sobald man jedoch die Zigarrenschachtel öffnet, bewegen sie sich unverzüglich und geben seltsame Töne von sich. Sie verfügen bei genauerer Betrachtung über ein Mundstück, das sich in einem kleinen Trichter vor ihrem Kopf befindet, einem Schallbecher, dort treten jene seltsamen Töne aus dem Käfer hervor. Das ist deshalb möglich, weil ein Trompetenkäfer zwischen Kopf und Brust auf der einen, und seinem gepanzerten Ende auf der anderen Seite, mehrfach gefaltet ist. Das sind Falten einer Haut, die sofort an sehr feine Reptilienhaut erinnert. Sobald nun der Käfer einen Ton zu erzeugen wünscht, schreitet er mit Kopf und Brust voran, während er sich mit seinen Hinterbeinen gegen die Laufrichtung stemmt, sodass sich beide Segmente rasch voneinander entfernen, demzufolge einen Raum eröffnen, der jene Luft mit Leder ummantelt, die durch Mund oder Kiemen in den Käferkörper bereits vorgedrungen ist. Im Moment seiner größten Entfaltung wird der Käfer seine Bewegung kurz unterbrechen, und während sich nun die Beine seines Brustsegmentes in den Boden schlagen, arbeiten sich die hinteren Läufe so lange voran, bis alles wieder schön gefaltet ist in der Mitte und alle Luft geräuschvoll am Mundstück ausgetreten.
11.08 UTC — Vor einer Stunde ungefähr, aus heiterem Himmel, erinnerte ich mich an eine Briefmarke, die zu mir gehörte als ich noch ein Kind gewesen war. Diese Marke, obwohl sehr viele Jahre weit von mir entfernt, war in einer Weise gegenwärtig geworden, als hätte ich sie wenige Minuten zuvor einem Sammelalbum entnommen und auf einen Luftpostbrief geklebt. Die Briefmarke wurde zu Ehren des Schimpansen Ham, der in den Weltraum reiste, um Übungen in der Schwerelosigkeit zu absolvieren, in einer begrenzten Auflage gedruckt. Das Besondere an Ham, an seiner Erscheinung, war ohne Frage seine Menschenähnlichkeit gewesen, auch dass Ham, im Gegensatz zu Leica, einer russischen Hundedame, seinen Ausflug in den Kosmos überlebte. Der Briefmarkenaffe trug einen Helm, genau genommen einen weißen Astronautenhelm, der unglücklicherweise von einem Stempel getroffen worden war. In diesem Moment, da ich meine Geschichte von Ham notiere, erinnere ich mich an einen Riss, der mein Briefmarkenalbum bedrohte, weil er mit jeder Besichtigung der Sammlung, knisternd gewachsen war. Einmal habe ich einem Mädchen, in das ich mich verliebte, mein Album mit Riss gezeigt, eine seltsame Erfahrung, weshalb ich das Sammeln der Briefmarken aufgegeben habe, um mich fortan der Sammlung von Schallplatten zu widmen. Dieses Mädchen, das mich von den Briefmarken entfernte, hieß Patrizia und trug sehr kleine blaue Knöpfe in beiden Ohren, die herrlich funkelten, sobald sie sich bewegte. Ja, sie funkelten damals bis in meine Träume hinein und sie funkeln noch heute oder wieder, während ich hier still in einer kühlen Nacht herumsitze und mich wundere, dass ich an Dinge denke, die ich vor einer Stunde noch nicht wusste. Eigentlich wollte ich eine Meldung schreiben, von einer Affendame, die aus großer Hohe über dem Pazifischen Ozean vor Monterey erfolgreich aus 33000 Fuß (ca. 10 km) Höhe über dem Pazifischen Ozean kurz vor Monterey abgeworfen worden war: BonobodameJudy, 8 Jahre, erste Überlebende der Testserie Teflon-F87 {Hautwesen}. Man ist, der Schrecken, noch vollständig ohne Bewusstsein. — stop
3.58 — In einem Moment der Stille beobachtete ich vor wenigen Stunden ein Bücherregal, das in meinem Arbeitszimmer steht. Ich meinte, ein Geräusch wahrgenommen zu haben, in etwa hörte sich das so an, als würde man ein Ohr an ein Bambusrohr legen, durch welches Kieselsteine fallen. Zunächst meldete sich das Geräusch links oben unter der Decke, wo sich Bücher befinden, die ich noch nicht gelesen habe, wartende Bücher, sagen wir, Mahnende. Kurz darauf wanderte das Geräusch in die Mitte des Regals, Christoph Ransmayr klimperte, John Berger, Janet Frame, Antonio Tabucchi. Ich hatte für einige Minuten den Eindruck, das Geräusch oder seine Ursache könnte sich vervielfältigt haben. Wenn nun Folgendes geschehen wäre, dass sich die Bücher meines Regals in Funkbücher verwandelten, in Bücher, die nur vorgeben Bücher von Papier zu sein, in Bücher also, die über Seiten verfügen, die eigentlich Bildschirme sind, die man umblättern kann. Dann wäre denkbar, dass ich jenes typische Geräusch vernommen habe, das in genau dem Moment entsteht, da der Autor eines Buches mittels Funkwellen eine erneuerte Fassung seines Werkes in die Zimmer der Welt entsendet. Ich muss darüber nachdenken, was die Möglichkeit oder die Existenz der Funkbücher bedeuten würde für das Schreiben, für das Erfinden, für Anfang und Ende einer Geschichte. Und wenn nun Jean Pauls Komet in meinem Zimmer rascheln würde, oder Dantons Tod, Georg Büchner?
6.55 UTC — Nehmen wir einmal an, dem ursprünglichen Code einer Seeanemone würde weiterer Code hinzugefügt, eine sehr kurze Strecke nur, sagen wir, Jack Kerouacs Roman TheTownandThe City mittels Nukleobasenpaaren notiert. Was würde geschehen? Inwiefern würde Jack Kerouacs Text Wesen oder Gestalt einer Seeanemone berühren? Würde der Text von Seeanemone zu Seeanemone weitergereicht, würde der Jack Kerouacs Text sich nach und nach verändern, würde er vielleicht entlang der Küstenlinien wandern? Seit gestern, ich habe geträumt, sind menschliche Personen denkbar, die nur zu dem einem Zweck existieren, nämlich Ohren, ein gutes Dutzend wahlweise auf ihren Armen oder Schultern zu tragen, um sie gut durchblutet so lange zu konservieren, bis man sie von ihnen abnehmen wird, um sie auf eine weitere Person zu verpflanzen, die eine gewisse Zeit oder schon immer ohne Ohren gewesen ist. Unheimliche Sache. Ich erzählte bereits. Auch Nierenkernsträußchen sind in speziellen Bauchräumen wohnend denkbar geworden.
0.12 UTC — Lieber Mr. Tanabe, ich will Ihnen von einem Journalisten berichtet, der für das Radio arbeitet. Er erzählte unlängst am Telefon, er habe einmal an einer Reportage gearbeitet, die von der Entdeckung der Regenschirmtiere handelte. Ungefähr in der Mitte seines Beitrages habe er einen Fehler entdeckt. Er saß vor dem Radiogerät und hörte der Stimme einer Sprecherin zu, die seinen Text sehr deutlich las, es war also zu spät, der Journalist konnte an seinem Fehler nichts ändern. Das versendet sich, wurde er von einer Redakteurin getröstet. Und ich dachte, das ist ein schönes Wort für verlorene Worte oder Gedanken, das ist wie mit Träumen, die sich von der Erinnerung lösen wie Regenwasser, das sich nicht wirklich festhalten, nicht wirklich begreifen lässt mit Händen, wie dieses klare Wasser, das die Luft erhellte in einem Traum, den ich gerade noch erzählen konnte auf einem Blatt Papier, ehe der Traum sich verflüchtigte. Ich wunderte mich im diesem Traum, dass ich, beide Hände frei, durch die Stadt spazierte, obwohl mich ein Regenschirm schützte. Als ich vor einer Ampel wartete, betrachtete ich meinen Regenschirm genauer und staunte, weil ich nie zuvor eine Erfindung dieser Art zu Gesicht bekommen hatte. Ich vermochte dunkle Haut zu erkennen, die sich zwischen bleich schimmernden Knochen spannte, Haut, ja, Haut von der Art der Flughaut eines Abendseglers. Sie war durchblutet und so dünn, dass die Rinnsale des abfließenden Regens deutlich zu erkennen waren. In jener Minute, da ich meinen Schirm betrachtete, hatte ich den Eindruck, er würde sich mit einem weiteren Schirm unterhalten, der sich in nächster Nähe befand. Er vollzog leicht schaukelnde Bewegungen in einem Rhythmus, der dem Rhythmus des Nachbarschirms ähnelte. Dann wachte ich auf. Es regnet noch immer. Ich werde gleich telefonieren. — stop